Österreichischen Traditions-Segelwoche 2006

Traditionelle Boote aus Holz sind wieder stark gefragt. Die Aktivitäten des Freundeskreis Klassische Yachten mit derzeit über 1000 Mitgliedern und einem rasch wachsenden Kalender mit Events und Regatten für „altes Holz” belegen dies. Speziell auf den Seen im Alpenraum ist eine große und aktive Szene entstanden. Neben den süddeutschen Großereignissen „Münchner Woche” (jährlich auf dem Starnberger See) und der „Bodensee–Traditionswoche” (alle zwei Jahre auf dem Bodensee) hat sich auch in Österreich eine große Traditionsregatta etabliert. Die Österreichische Traditions–Segelwoche wird jährlich im Wechsel auf Traunsee, Attersee und Wolfgangsee ausgetragen. Veranstalter ist das K.u.K. Yachtgeschwader jeweils in Verbindung mit einem lokalen Verein.

In diesem Jahr fand die Österreichische Traditions–Segelwoche vom 13.–16. Juli beim renomierten Union–Yachtclub Wolfgangsee in St. Gilgen statt. Insgesamt waren 43 Boote gemeldet – kein Rekord, aber ein sehr respektables Feld. Besonders zu erwähnen sind die zahlreichen Sonderklasse–Yachten – zumeist am Wolfgangsee beheimatet, die eleganten 35 qm Rennklassen (D–Boote) und natürlich die fünf L–Boote (30qm Binnenkielklasse).

Schon am Dienstag reisten die ersten auswärtigen Boote an. Das gab Gelegenheit, Club, Segler und See kennenzulernen und die Boote einzutrimmen. Und zwischendrin lud der See zum abkühlenden Bad ein, was bei den vorherrschenden 30–35° mehr als angenehm war.

Der Wind am Wolfgangsee kann recht tückisch sein. Die steilen Wände im Nordosten – insbesondere der Falkenstein – grüßen den Segler gerne mit Fallböen. Dafür entschädigt der Brunnwind, ein thermischer Wind, der um die Mittagszeit einsetzt und bis zum Abend gleichmäßig mit 3–4 Bf längs über den See streicht. Der Wind kann aber auch durchaus heftiger werden. Sei es wenn sich der Brunnwind mit einem Westwind mischt oder wenn der beinah berüchtigte Südwind stärker weht. Das mußten wir am ersten Renntag feststellen, als der zweite Lauf (L–17 lag zur Abwechselung in guter Position) wegen aufkommenden Sturms abgebrochen wurde.

Die Regattaleitung unter Wolfgang Buchinger hatte sich für drei traditionelle Kurse entschieden, einen Dreieckskurs, einen kurzen Up/Down–Kurs und einen Langstreckenkurs. Welcher Kurs zu segeln war wurde beim Start am Startschiff angezeigt. Insgesamt sollten fünf Regatten gesegelt werden mit einem Streichergebnis.

Der Donnerstag war noch als Tag für die Registrierung und das Einkranen vorgesehen. Am Abend gab es im Clubhaus des UYC einen gemütlichen Clubabend zur Einstimmung. Der Comodore des K.u.K. Yachtgeschaders, Dipl.–Ing. Walter Höller, und Dr. Wolfgang Daurer, Obmann des UYC, begrüßten die Regattateilnehmer und Gäste.

Der Freitag begann mit der Regattabesprechung um 11:30 Uhr. Wolfgang Buchinger erklärte den Ablauf und die Kurse. Gestartet wurde in zwei Gruppen je nach Yardstickzahl. Um 13 Uhr war der erste Start vorgesehen. Dank eines technischen Defektes der Startpistole entstand unter den weniger regattaerfahrenen Teilnehmern hinreichende Verwirrung und so mancher startete erst mit der zweiten Gruppe.

Bei gutem Wind um 4 Bf ging es auf den ersten Dreieckskurs. Vor den Lokalmatadoren konnte zur Überraschung fast aller das frisch renovierte L–Boot „Brigit II” mit Steuermann Markus Rösch sowie Hans–Joachim Landolt und Lutz Klätke als erstes die Ziellinie queren. Das gemütliche Segleressen im Clubhaus bildete einen angenehmen Tagesabschluß im Kreise Gleichgesinnter.

Am Samstag wehte der Wind etwas heftiger. Mit 4 Bf und guten 5er Böen wurden insgesamt drei Wettfahrten in Folge ausgesegelt, darunter eine Langstrecke. Viele hatten die Lektion vom Vortag gelernt. Der Start lief insgesamt wesentlich geordneter und konzentrierter ab, der Kampf an der Startlinie war merklich intensiver und auch die Regattaunerfahrenen schlugen sich wacker.

Leider war an diesem Tag auch Bruch zu beklagen. Der 22er Schärenkreuzer S88 verlor den Mast, die „Brigit II” hatte einen Vorsegelschaden, der sie in einer Fahrt zur Aufgabe zwang und einen glücklicherweise nicht ernsten „Mannschaftsschaden”, der sie auf den 12. Platz in der Wettfahrt warf.

Beeindruckend war die Performance der Sonderklasse–Yachten, von denen viele mit modernen Riggs hochgerüstet waren. Bereits an der ersten Luv–Tonne hatten sie die letzten der ersten Startgruppe überholt, so dass es an den Tonnen recht eng werden konnte. Die Windverhältnisse taten ihr übriges um für spannende Manöver zu sorgen.

Doch mit den Wettfahrten war der Tag noch nicht zu Ende. Wolfgang Prager, Eigner der 35er–Rennyacht X–103 hatte nach Abschluß der Wettfahrten zum Freibier auf den 100–sten Geburtstag seines „Schelm” geladen. Peter Pfister, der mit Gattin Ruth und seinem Motorboot die L–Boote begleitete, lud an den Steg zum 70–jährigen Juliläum seiner SwissCraft „Mary Annie”. Und um 20 Uhr begann das Galadinner im Clubhaus. Alles in allem ein gelungener Segeltag.

Der Sonntag begann für die Teilnehmer mit einem zünftigen Seglerfrühstück – Weißwurst, Brezel und Bier. Die L–Böötler trafen sich vorher noch bei der Polana uns stießen auf deren 70–jährigen Geburtstag an. Auch bei dieser Gelegenheit zeigt sich wieder die mannschaftliche Geschlossenheit der L–Boot–Klasse.

Die Österreichische Traditions–Segelwoche endete mit der fünften Wettfahrt und der anschließenden Siegerehrung. Die Regattaleitung hatte noch einmal einen Langstreckenkurs ausgelegt, den wiederum die „Brigit II” als erstes Boot im Ziel bewältigte. Damit gewann sie auch die Stetigkeitswertung mit drei ersten Plätzen. Die „Black&Blue” mußte mit einem Schaden an Baum und Groß aufgeben.

Im Gesamtklassement fiel der Sieg an Hubert Raudaschl auf einer RN20 vor Andreas Jeschko (5.5 Rennklasse) und Markus Rösch (L–Boot).

Der Fairnesspokal wurde an den Hafenmeister des UYC, Karl Stöllinger vergeben, der sich engagiert und ohne auf die Uhr zu sehen um Kranen und Liegeplätze gekümmert hatte

In der Klassenwertung der L–Boote gab es folgende Ergebnisse:

Ergebnisse
Rang Boot Am Steuer
Crew
Verein
1 L-154 Brigit II Markus Rösch
Hans-Joachim Landolt
Lutz Klätke
2 L-204 Bijou Manuel Lindner
Hans Klingan
3 L-181 Polana Walter Kortner
Hubert Haidl
Heidi Bramberger
4 L-84 Alter Herr Maurice Devoivre
Michael Thoma
Horst Freiherr von Wangenhorst
YCLa
5 L-17 Black&Blue Christoph Böcker
Carsten Kahl
Anne Böcker
EWRC

Ein kleiner Schatten fiel dann doch noch auf das ansonsten allseits sehr positiv empfundene Erlebnis. Die mitsegelnden Boot der RN20 Klasse (GFK–Jollen mit klassischem Lateinersegel, insofern keine Klassiker) sollten ursprünglich nicht in die Hauptwertung, wurden dann aber doch im Gesamtfeld gewertet. Auch um die von der Michelsen–Werft frisch renovierte L–154 gab es Yardstickdiskussionen – die Crew um Markus Rösch war einfach zu gut im Vergleich zu den anderen L–Booten.

Den sehr positiven Gesamteindruck konnte dies aber nicht nachhaltig trüben. Die Aufnahme der Gäste in St. Gilgen und im Club, das Ambiente am See und die Regatta nebst Rahmenprogramm werden alle Beteiligten in bester Erinnerung behalten.

Leider mußten viele schon am Montag wieder arbeiten oder zumindest früh die Heimreise antreten. So begann spätestens nach der Siegerehrung für viele das Auskranen der Boote.