90 Jahre L-Boote

Nach 90 Jahren war es soweit: Dem Aufruf der 30qm–Binnenkielklasse folgten elf Eigner mit ihren teils 90 Jahre alten L–Booten, um an der 50. Freundschaftsregatta des Yacht Club Langenargen am Bodensee ihr 90–jähriges Bestehen zu feiern.

Eigner aus ganz Deutschland traten mit ihren Gespannen den teilweise 700 km weiten Weg an, um sich am Bodensee in einem Startfeld zu versammeln, das es seit 1927 in dieser Klasse nicht mehr gegeben hat, um ein solch geschichtsreifes Zusammenkommen der 30 qm–Rennklasse, die heute Binnenkielklasse oder aber ihres Segelzeichens wegen einfach „L–Boot“ genannt wird, zu ermöglichen.

Es gab keinen Weg, der zu weit schien, und so war es ein traumhafter Anblick, elf dieser alten Schönheiten nebeneinander im Hafen und auf den Regattabahnen zu bewundern.

Bei teils böigem Wind mit einer Stärke mit bis zu 5 Beaufort, Regen und starkem Seegang wurde am 25.09.04 von Friedrichshafen aus um 11:00 Uhr gestartet. Die gut und anspruchsvoll gelegte Regattabahn legten die Rennyachten aus den 20er Jahren in knapp einer Stunde Segelzeit zurück.

Bei dem Halbwindkurs, der von Friedrichshafen aus zu segeln war, fiel sehr schnell auf, dass die teils 90 Jahre alten Schiffe noch heute ihrem damaligen Ruf „30 qm Rennklasse“ als heutige „Formel 1“ auf dem Wasser alle Ehre machten. Elegant und rassig in Form und Erscheinung, schnittig in den Linien bahnten sie sich ihren Weg durch die Wellen und zeigten bei diesen Windverhältnissen schnell ihre Stärken. Der Seegang sowie das bei diesen Schiffen typisch niedrige Freibord erforderte zu Beginn eine geeignete Auswahl der Segel oder aber das Einbinden eines Reffs. Diese Entscheidung sollte schlussendlich über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Triefend Nass von peitschenden Wellen oder aber vom Lenzen der eindringenden Gischt, stand den Crews die Anstrengung ins Gesicht geschrieben. Voller Wucht tauchte der Bug in die Welle und durchschnitt das Wasser. Ohne Kajütaufbau (bis auf zwei Ausnahmen), aber mit einem niedrigem Sylbord wurden Mannschaft, Boot und Kleidung auf Herz und Nieren geprüft.

Eine Materialschlacht der besonderen Art dachte so mancher, und so lieferten sich die Steuerleute in ihren L–Booten von Beginn an, wie dies schon zu Kaisers Zeiten stets der Fall war, harte Kämpfe, die spannender kaum sein konnten.

Im Abstand zum Erstplatzierten, L–165 „Aldebaran” von Bernhard Mehnert, ASViM, gefolgt von Christoph Raddatz auf L–174 „Bahamut” von den Kressbronner Seglern und L–84 „Alter Herr” YCL von Maurice Devoivre, trafen die restlichen L–Boote im Minuten Takt an der Ziellinie ein.

Im Hafenbecken angekommen und angelegt lagen elf dieser optisch und technisch perfekt in Schuss gehaltenen Yachten in einer Reihe. Dass hier der eine oder andere zum Träumen verführt wurde, war uns, die wir schon länger von diesen Formen begeistert sind, klar.

Das 90–jährige Jubiläum der 30qm–Binnenkielklasse fand beim Jubiläumsessen im „Restaurant Landhaus Malereck“ seinen Höhepunkt. Und während die fast 50 Seglerinnen und Segler kulinarisch verwöhnt wurden, knüpfte man Kontakte, sprach über Erfolge, lauschte den Geschichten oder freute sich bei der anstehenden Preisvergabe über einen Silberpokal aus – wie kann es anders sein – den 20er Jahren. Des weiteren gab es für alle Eigner einen Erinnerungspreis in Form einer gravierten Messingplakette. Als besonderer Preis wurde von einem Eigner ein Halbmodell als ewiger Wanderpreis gestiftet, den es nun im zwei Jahres Rhythmus mit mindestens fünf L–Booten auszusegeln gilt.

Aber auch die weiteste Anreise von Christoph Böcker mit seiner „Black&Blue” (L–17) aus Essen sowie das älteste noch existente Schiff, die „Bodman” (L–14) von Claudia Traub, wurden entsprechend gefeiert.

Die Erwartungen hinsichtlich dieser Feierlichkeiten wurde um ein Vielfaches übertroffen und so wird für die Anwesenden dieser Tag sicher ein unvergessliches Erlebnis bleiben.

Um den Erhalt dieser Vollblutrenner zu sichern wurde 1995 die 30qm–Binnenkielklasse gegründet. Von derzeit 31 bekannten Schiffen dieser Klasse haben bereits 21 Eigner den Weg zu uns gefunden und versuchen mit uns gemeinsam die noch existierenden Rennyachten für spätere Generationen zu erhalten um so ein Stück deutsche Segelgeschichte zu bewahren.

Man muss schon ein Enthusiast sein um solch eine Rennyacht oder einen anderen Holzklassiker zu segeln und für eine Stunde Segeln etwa drei Stunden Arbeit zu investieren.

Sicherlich ist dies einer der Gründe dafür, dass heute nicht mehr allzu viele Schiffe dieser alten Rennklasse existieren. Dennoch geben wir die Hoffnung nicht auf, noch so manches Schiff vor der Kettensäge zu bewahren.

Der Fortbestand der L–Boot Klasse wird, so hoffen wir, durch die Michelsen Werft in Friedrichshafen–Seemoos gesichert, denn auf der diesjährigen Interboot wurde erstmals ein klassisches L–Boot im Rahmen eines aufwändigen klassenkonformen Nachbaus ausgestellt. Das Boot mit der Segelnummer L–81 wurde im Jahre 1922 von W. v. Hacht gezeichnet und fertiggestellt.

L–Boote waren einmal die „Königsklasse“, ob dies wieder so wird, wird sich zeigen, wir denken aber uns auf dem richtigen Weg zu befinden.

Ergebnisse
Rang Boot Am Steuer Verein Zeit
1 L–165 Aldebaran Bernhard Mehnert ASViM 0:59:54
2 L–174 Bahamut Christoph Raddaz KS 1:01:43
3 L–84 Alter Herr Maurice Devoivre YCL 1:02:34
4 L–148 Hedonia Dennis Pirschel 1:03:48
5 L–83 Tir Na Nog Frank Wutschka KS 1:05:23
6 L–17 Black&Blue Christoph Böcker EWRC 1:05:35
7 L–156 Hexe Hansjörg Lang KS 1:06:50
8 L–14 Bodman Claudia Traub YCSi 1:07:06
9 L–124 Filou Reinhard Kiechle WVF 1:09:54
10 L–52 Boreas Florian Schrimpf ASViM 1:14:22
11 L–201 Li Sebatian Beyer SCRg DNS

Regattadistanz: 7,2 sm