Die Geschichte
Das L–Boot mit der laufenden Nummer 17 wurde erstmalig im Bootsregister des DSV, veröffentlicht in der „Yacht” Heft 39 im Jahre 1914 erwähnt. Eigner war ein Dr. jur. Rossner vom VSaW. Getauft wurde die „30qm Rennklasse” auf den Namen Black & Blue. Dem zufolge wäre die L–17 noch vor dem ersten Weltkrieg gebaut worden.
Aus dem Yachtsportarchiv ließ sich entnehmen
- 1914 Teilnahme an der Dahme–Woche (einer von zwei Läufen)
- 1919 Verkauf an A. und W. Kretschmar, VSaW; neuer Name Melusine
- 1919 Teilnahme an mehreren Wettfahrten
- 1919 Verkauf an Dr. Georg Solmsen, VSaW; neuer Name Irene
Ab hier verliert sich die Spur in den öffentlich zugänglichen Unterlagen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verzeichnet der Verband Deutscher Segler in Ostberlin eine L–17 unter dem Namen Traum II.
Im Jahre 1965 kaufen Jürgen und Erhard Karras das Boote. Die L–17 liegt in Rauchfangswerder am Zeuthener See bei der BSG Narva Berlin. 1972 gelangt sie als “Najade” an den Scharmützelsee in den Diensdorfer Yachtclub. Ihr Eigner Udo Robbel läßt eine kleine Kajüte ähnlich der Drachenkajüte aufsetzen. 1977 übernimmt Burkhard Mehling das Boot. Mit ihm kann man die Najade in dem 1987 erschienenen DEFA–Film „Die Alleinseglerin” sehen. In zwei Szenen, gedreht am Scharmützelsee, taucht sie im Winterlager auf …
Später kam die Najade nach Berlin (Eigner Micheal Liebisch), wo sie ihren GFK–Überzug erhielt.
Ungefähr 2000 wurde Black & Blue vom Vorbesitzer renoviert und mit einem neuen Deck ohne Kajüte versehen. Sie segelte danach mehrere Jahre auf dem Müggelsee.
Drei, zwei, eins … meins
Nein, die L–17 stand nicht bei eBay zum Verkauf. Aber ähnlich schnell wie bei einer Internetauktion lief der Kauf schon ab. Die Anzeige auf www.nationalkreuzer.de/ gab den ersten Impuls.
Die L–17 machte bei der Besichtigung im Sommer 2004 erst einmal einen guten Eindruck und schien – auch nach Rücksprache mit kundigen Leuten – ihr Geld wert zu sein. Der Rumpf war in den 80er–Jahren mit GFK überzogen worden, aber soweit erkennbar war das Holz gesund. Die Beschläge stammten weitgehend von Topplicht. Weißer Rumpf, weißes Deck, beige Segel, schönes und soweit erkennbar gesundes Holz, viel Bronze und Messing – gekauft!
Der Name Gipsy mußte allerdings dem ersten Namen der L–17, Black&Blue, weichen.
Was danach geschah …
Schon Ende September ging es zum Bodensee. Die L–Boote feierten ihr 90–jähriges Klassenjubiläum und da konnte die 90 Jahre alte Dame nicht fehlen. Unter der Last des schweren Wetters trat am Mast ein schon vorhandener aber beim Kauf übersehener Schaden zu Tage. Es war wie sich später herausstellte kein ernster Schaden, aber die Saison näherte sich eh dem Ende und so brachte der Eigner das Boot gleich ins Winterlager. Im Frühjahr 2005 reparierte Uwe Paulsen den Schaden und die erste komplette Segelsaison auf dem Baldeneysee konnte beginnen.
Bedenklich war nur, dass das Boot Wasser zog, was ein mit GFK überzogenes Holzboot eher nicht tun sollte. Alles deutete darauf hin, dass der Ruderkoker nicht mehr ganz dicht war. So stellte sich die Frage, ob der Schaden einer sofortigen Reparatur bedarf oder warten kann. Nach Rücksprache mit einem Bootsbauer ließen wir das Boot im Wasser und segelten die Saison weiter.
Highlight des Jahres 2005 war zweifellos die Klassikerregatta beim EYC. Darüber steht an an anderer Stelle mehr.
Für das bisher Dickschiff segelnde Eignerpaar bedeutete die Black&Blue eine ganz andere Art des Segeln – und keine schlechte. Insgesamt gab uns das Jahr Gelegenheit, das L–Boot besser kennen zu lernen. Neben etwas Bruch (z.B. brachen die bronzenen Anschlagpunkte des Niederholers) merkten wir ziemlich schnell, was vom Vorbesitzer bei seinem Refit praktisch gelöst wurde und was nicht. Er hatte zwar optisch schön gebaut und auch möglicherweise wie es früher war – es befriedigte aber nicht wirklich. Zu großes Cockpit, zu kleine Winschen, im falschen Moment klemmende Backstagklemmen, ungünstige Schotführung, Ruderbalance usw.
Refit reloaded
So kamen wir nach Besichtigung und Probeschlag auf der L–81 mit Jochen Landolt überein, die Black&Blue im Winter 2005/06 zur Michelsenwerft zu fahren und von ihm die nötigen Reparaturen und eine Reihe Verbesserungen durchführen zu lassen. Der Schaden war größer als gedacht und das Ende vom Lied war, dass ein großer Teil des Heckbalkens und ca. 2/3 des Kielbalkens und das gesamte Totholz erneuert wurden, die unteren Planken und diverse vermurkste Bodenwrangen gleich mit. Faktisch wurde das ganze Unterwasserschiff erneuert. Statt mit GFK ist die Außenhaut im Unterwasserbereich jetzt mit Epoxy versiegelt. Auch die Ruderanlage wurde ersetzt.
Zudem gab es ein komplett neues Rigg. Jochen Landolt baute einen neuen, diesmal klassenkonformen Mast, der massive Baum wurde durch einen holen und leichteren ersetzt, das doppelte Vorstag wich einer Rollanlage. Achterstag und Backstagen wurde neu geführt und leichter trimmbar gemacht. Die gesamte Schotführung und alle Decksbeschläge und die Winschen wurden getauscht. Dazu kam eine Spinnakerausrüstung.
Was schlicht aus Kostengründen nicht korrigiert wurde war das zu breite Cockpit.
Und nun?
Die Black&Blue hat die erste Saison nach dem Refit hinter sich. Das Boots–Handling stellt sich duch das neue Rigg, das geänderte Deckslayout und das neue Ruder deutlich leichter und damit auch sicherer dar. Die Regattaergebnisse verbessern sich allmählich und wenn jetzt noch die verschlissenen Segel getauscht werden ist die Black&Blue wieder das, was sie schon 1914 war: ein Leichtwindrenner.